Stewart Kenny, Ex-CEO des Glücksspielkonzerns „Paddy Power“, hat die Glücksspielpolitik Irlands kritisiert. In einem Interview mit dem irischen TV-Sender „RTÉ“ verurteilte der Casino-Tycoon den unregulierten Zustand des Glücksspielmarktes in seinem Heimatland und ging mit der Regierung hart ins Gericht. Kenny forderte die Politik dazu auf, die Branche mit den nötigen Strukturen auszustatten, um sowohl ein seriöses Glücksspielangebot zu schaffen, als auch den Spielerschutz zu stärken.
Unregulierter Glücksspielsektor
In den meisten Regionen Europas erlebt das Glücksspiel eine Welle der Liberalisierung. Viele Länder passen ihre Gesetzgebung für die Branche den modernen Bedingungen an und legalisieren das lizensierte Spielangebot unter Auflage verschiedener Maßnahmen. Speziell dem wachsenden Online-Segment wurde in vielen Teilen des Kontinents große Aufmerksamkeit geschenkt. Da dieser Bereich der Industrie in den vergangenen Jahren enorm gewachsen ist, waren die einzelnen Regierungen dazu angehalten, ihre Gesetzeslage anzupassen. Eine kontrollierte Legalisierung schien dabei unausweichlich, da nur auf diese Art und Weise unseriöse Anbieter vom Markt gedrängt werden können.
Gleichwohl viele Länder auf dem europäischen Kontinent sich über den Status quo der Glücksspielbranche bewusst sind, habe laut Stewart Kenny die irische Regierung die Entwicklung völlig verschlafen. Der ehemalige CEO von „Paddy Power“ ließ im TV-Interview bei „RTÉ“ kein gutes Haar an die Politik. Die habe das Glücksspiel komplett vernachlässigt. Insbesondere über die Tragweite und die heutige Bedeutung des Online-Glücksspiels sei sich die irische Regierung überhaupt nicht bewusst.
Im Rahmen seiner harschen Kritik versicherte Kenny, dass er kein Gegner des Glücksspiels sei. Das Gegenteil sei der Fall. Er habe sein gesamtes Leben den Sportwetten und anderen Glücksspielen gewidmet. Aus diesem Grund könne er nicht nachvollziehen, warum die Politik der Branche keine Beachtung schenkt. Andere Staaten seien im Vergleich wesentlich progressiver. Er fordere seine Regierung entsprechend dazu auf, den nationalen Glücksspielmarkt mit den nötigen Maßnahmen zu regulieren.
Veraltete Gesetzgebung. In Irland gilt bis heute der „Gaming and Lotteries Act“, der im Jahr 1965 in Kraft getreten ist. Zwar wurde das Gesetz 1986 einer Reform unterzogen, allerdings kann die Glücksspielbranche vor 35 Jahren nicht ansatzweise mit den heutigen Industriestandards verglichen werden. Vor allem die gesellschaftliche Relevanz des Internets hat den Wirtschafszweig komplett verändert. Entsprechend versuchte die irische Regierung im Jahr 2013 unter dem Namen „Gambling Control Bill“ einen modernen Gesetzesrahmen auf die Beine zu stellen. Allerdings blieb es nur beim Versuch. Aus diesem Grund ist der Glücksspielsektor bis heute größtenteils unreguliert.
Spielerschutz nicht existent
Durch die lose Glücksspielregulierung in Irland ist das Online-Glücksspiel offiziell weder legal noch illegal. Die undurchsichtige Gesetzgebung erinnert an den alten deutschen Rechtsrahmen, bevor dieser durch den Glücksspielstaatsvertrag komplett modernisiert wurde. Für die irische Spielergemeinde bleibt der hiesige Markt jedoch weiterhin ein intransparenter Bereich. Sie kann ohne Limits und Kontrolle in Casinos und Buchmachern im Internet zocken und wetten. Stewart Kenny sehe entsprechend einen non-existenten Spielerschutz.
Der Ex-Chef von „Paddy Power“ habe genau aus diesem Grund die Branche im Jahr 2016 verlassen. Er wolle nicht ein Teil einer Industrie sein, die keine Maßnahmen für den Schutz der Spielenden ergreife. Diesbezüglich prangerte er speziell die Slots und Spielautomaten im Internet an, die vor allem bei jüngeren sowie gefährdeten Spielenden eine enorme Suchtwirkung erzeugen würden.
Schuldbekenntnis. Die potenziellen Glücksspielgefahren, die durch das Internet hervorgerufen worden seien, habe auch Stewart Kenny anfangs unterschätzt. Er wolle sich entsprechend nicht frei von jeglicher Schuld freisprechen. Während seiner aktiven Zeit in der Branche habe er sicherlich mehrere Spielende gefährdet. Darüber sei er sich nun im Klaren.
Paddy Power gesteht Fehler
Welche Kontroversen der Spielerschutz in der irischen Glücksspielindustrie auslöst, verdeutlicht nicht zuletzt das Statement von „Paddy Power“. Die derzeitige Geschäftsführung habe nach Angaben verschiedener Branchenberichte zugegeben, in der Vergangenheit nicht immer alles richtig gemacht zu haben. Im gleichen Atemzug habe der Konzern jedoch Besserung gelobt. Man setze alles daran, die eigenen Kunden bestmöglich zu schützen.
Maßnahmen für den Spielerschutz. Aus den irischen Medienberichten geht hervor, dass „Paddy Power“ bereits die Kreditkartenzahlungen für ihre Spielangebote abgeschafft habe. Diese sei oftmals der Grund für einen finanziellen Kontrollverlust. Zudem habe der Konzern seine Werbeaktivitäten drastisch reduziert, um keine Reizüberflutung zu schaffen. Im Bereich der Spielsuchtforschung und -prävention sei das Unternehmen ebenfalls aktiv geworden. So habe man sich verpflichtet, einen Prozent der Nettoumsätze zu reinvestieren.